Was sind bioenergetische Übungen?

Die psychotherapeutische Arbeit mit Körperhaltungen, in denen bestimmte Muskelpartien einer Stressspannung ausgesetzt werden, stammt aus der Bioenergetik und wurde von Lowen (1986) und Pierrakos (1999) entwickelt. Der Therapeut leitet den oder die Klienten an, sich in eine Körperhaltung zu begeben, bei der bestimmte Muskelpartien einer Belastung ausgesetzt sind oder bei denen der Körper in bestimmten Bereichen gedehnt wird. Lowen und Pierrakos haben etwa zwanzig solcher Stresspositionen entwickelt und detailliert beschrieben.

Beispiel: Als Anfangsübung eines Therapiegruppenwochenendes bitte ich die Teilnehmer, sich im Raum zu verteilen und so hinzustellen, dass um sie herum etwas Abstand ist, die Füße etwa schulterbreit, die Augen geschlossen, den Mund geöffnet, und durch den Mund zu atmen. Die Arme werden seitlich ausgestreckt, die Teilnehmer gehen leicht in die Knie und biegen dann ihren Körper langsam nach hinten, so dass von den Knöcheln bis zum Scheitel ein Bogen entsteht, der möglichst nirgendwo durch einen Knick unterbrochen sein soll. Wenn die Teilnehmer merken, dass die Position anstrengend wird, sollen sie die aufkommenden Empfindungen mit der Stimme ausdrücken. Es entsteht ein Vibrieren in den Beinen der Teilnehmer, das sich durch die Vorderseite des Körpers nach oben fortsetzt und durch wütende, stöhnende oder schluchzende Stimmlaute zum Ausdruck gebracht wird. Ich bitte die Teilnehmer, zur Verstärkung der Übung die Arme ausgestreckt seitwärts und dann langsam nach oben bis über den Kopf zu führen, was zu einer weiteren energetischen Aufladung sowie zum Ausdruck intensiver Emotionen führt. Nach einigen Minuten führe ich die Teilnehmer behutsam aus der bioenergetischen „Bogenhaltung“ heraus, leite sie an, innerlich in Kontakt mit den gerade gefühlten Emotionen zu bleiben, sich in Paaren zusammenzusetzen und sich darüber auszutauschen, was sie gerade erlebt haben.

>>> Fortbildung Humanistische Körperpsychotherapie

Werner Eberwein