Was ist Metta-Meditation?

Metta-Meditation ist eine uralte buddhistische Meditationsform, die auch als westliche Selbsthypnose-Methode praktiziert werden kann, in der es darum geht, eine Einstellung liebevollen Wohlwollen für alle Wesen zu entwickeln.

Mit „Metta“ (pali für Freundschaft, liebende Güte) ist „Liebe“ im buddhistischen Sinn gemeint, etwa so wie es von Erich Fromm in „Die Kunst des Liebens“ beschrieben wurde, nämlich als uneigennütziges „Schenken“ oder „Verströmen“ von akzeptierendem, freundlichen Wohlwollen ohne erotisches oder anderes Begehren, das den inneren Frieden und das Glück aller fühlenden Wesen zum Inhalt hat.

Metta wird auch übersetzt mit Freundlichkeit, Freundschaft, Sympathie, wohlwollende Zuwendung oder Allgüte. Metta bedeutet, mit liebevoller und akzeptierender Aufmerksamkeit für jemanden da zu sein. Metta ist ein Gefühl der Liebe für alle fühlenden Wesen, ohne dass diese anders sein müssten oder anders gesehen werden müssten, als sie sind.

Metta als Meditationsmethode geht zurück auf Siddhartha Gautama (etwa 563-483 v.Chr.), genannt Buddha, den Gründer des Buddhismus:

  • „… entwickle Meditation über liebende Güte, denn wenn du Meditation über liebende Güte entwickelst, wird jegliches Übelwollen verschwinden.“ (Lehrrede Majjhima Nikaya Nr. 62)
  • „Möge es allen Wesen wohl ergehen. Mögen ihre Herzen von Freude erfüllt sein. Mögen sie alle in Sicherheit und Frieden leben.“ (Metta-Sutra)

Nach der buddhistischen Lehre sind Gefühle wie Zorn, Angst oder Abhängigkeit eine Bürde, die die Seele belastet und psychisches Leid hervorbringt. Wenn wir jemanden aus unserem Herzen verbannen, erzeugt das anhaltenden Groll und Verbitterung. Wenn wir dagegen üben, diesem Menschen in unserem Inneren akzeptierende, liebevolle Zuwendung entgegenzubringen (war gar nicht leicht, aber sehr wohltuend ist), kann das auf nachhaltige Weise körperliche und emotionale Heilung bewirken. Groll und Hass befriedigen nicht, sie sind eine Quelle von anhaltendem Leid und Schmerz. Ausserdem entsteht aus einem Mangel an gefühlter Liebe eine unerfüllte und unerfüllbare Sehnsucht nach Liebe oder Geliebtwerden.

Nach der buddhistischen Vorstellung schaden Worte oder Handlungen, die aus einer Einstellung der Aversion (Ablehnung, Abneigung) geschehen, die also von Zorn, Angst, Schuld, Ungeduld, Trauer, Enttäuschung, Depression, Anspannung, Verzweiflung o.ä. geprägt sind, anderen und auch uns selbst. Aversion kann

  • nach außen gerichtet sein in Form von Ärger und Wut, oder
  • sich im Inneren aufstauen in Form von Angst, Enttäuschung oder Verzweiflung.

Metta-Meditation lehrt das Loslassen von Groll, Schuld und Abhängigkeit und ist insofern der ursprünglichen, urchristlichen Idee „Liebe deinen Nächsten, sowie auch dich selbst“ verwandt. Das ist nicht als moralischer Imperativ zu verstehen und auch nicht als ein ein für alle mal zu erreichender, dauerhafter Zustand. Vielmehr handelt es sich um einen Fokus zur Meditation auf ein Ideal mit dem Ziel der emotionalen Selbstheilung von Groll und Bedrücktheit.

In der Metta-Meditation werden Aversionen nicht abgelehnt, geleugnet oder bekämpft, sondern wahrgenommen, als zur Zeit vorhanden anerkannt, angenommen und auf liebevolle Weise „umarmt“, so wie man ein unglückliches, leidendes Kind oder ein verzweifelt schreiendes Baby halten und umarmen würde. Wut und Hass, ebenso wie Angst und Verbitterung werden wie eine Welle betrachtet: sie kommen und gehen.

Ausgangspunkt der Metta-Meditation ist das bedingungslose Akzeptieren dessen, was ist und was nicht ist, das nicht mit gleichgültigem Hinnehmen verwechselt werden darf. Nach buddhistischer Vorstellung ist vielmehr gerade das realistische Annehmen der Wirklichkeit die Voraussetzung dafür, sich aktiv und angemessen für konstruktive Veränderungen einzusetzen.

Normalerweise ist liebevolle Zuwendung meistens an Bedingungen geknüpft: „Ich mag/liebe dich, so lange du dies und das tust und jenes nicht tust, und solange du mich mindestens ebenso sehr magst/liebst, wie ich dich.“ Nach der buddhistischen Vorstellung erzeugen solche Erwartungen und Forderungen unweigerlich Leid. Metta dagegen stellt keine Bedingungen. Es ist die Einstellung, die ein guter Freund zu uns hat: er akzeptiert und liebt uns uneingeschränkt, ohne Bedingungen, mit all unseren Ecken und Kanten. Ein Freund verlässt uns nicht, wenn wir uns mal „unmöglich“ verhalten, oder wenn wir in Schwierigkeiten oder unglücklich sind.

Metta wird oft mit einem sanften Regen verglichen, der auf die Erde fällt, ohne auszuwählen, wohin er fällt und wohin nicht, oder mit der Sonne, die alle und alles gleichermaßen bescheint, ihre Wärme also freigiebig verschenkt, ohne zu unterscheiden.

Ablauf der Metta-Meditation

Eine (eher westliche, Selbsthypnose-orientierte) Variante der Metta-Meditation besteht darin, dass man

  • sich in eine bequeme Körperhaltung begibt,
  • die Aufmerksamkeit auf den Atem fokussiert, ohne ihn beeinflussen oder verändern zu wollen,
  • körperliche Anspannungen wahrnimmt und dann loslässt,
  • sich fragt, welche Wünsche man jetzt hat, was man sich also in diesem Moment, im Hier und Jetzt wünscht: „Was  wünsche ich mir jetzt?“ (z.B. dass die Sonne scheinen möge, eine Massage, ein iPad …),
  • dann fragt man sich, was man sich im tiefsten Inneren wünscht, was also die tiefsten Sehnsüchte unter und hinter hinter den alltäglichen Wünschen sind: „Was brauche ich wirklich, um glücklich zu sein?“ (z.B. Geborgenheit, erwünscht zu sein, Sicherheit, menschliche Wärme …),
  • dann stellt man sich vor, man sei eine gute Freundin oder ein guter Freund, die oder der zu einem selbst sagt: „Mögest du inneren Frieden finden“  (weitere mögliche Formulierungen könnten sein: „Mögest du in Sicherheit leben“, „Mögest du glücklich sein“, „Mögest du körperlich gesund sein“, „Mögest du leicht durchs Leben gehen“),
  • dann richtet man das Gefühl des liebevollen Wohlwollens auf einen Menschen, der einem nahesteht, den man liebt oder lieb hat, eine Partnerin oder einen Partner, ein Kind, einen Verwandten oder einen guten Freund und sagt zu ihr oder ihm im Geist die Worte: „Mögest du inneren Frieden finden“,
  • dann richtet man das Gefühl und den Satz an alle Kinder, die heute geboren werden: „Möget ihr inneren Frieden finden“,
  • dann richtet man das selbe Gefühl und die selben Worte an eine relativ „neutrale“ Person, etwa an einen wenig bekannten Nachbarn oder an eine Verkäuferin in einem Geschäft,
  • dann wendet man das Gefühl des liebevollen Wohlwollens mit dem Satz „Mögest du inneren Frieden finden“ einer „schwierigen“ Person zu, bei der es einem schwer fällt, ihr gegenüber liebevolles Wohlwollen zu empfinden – eine Person also, die einen gekränkt, verletzt, verraten, verlassen oder geschädigt hat oder jemand, den man verachtet oder verabscheut; man versucht, auch das Gute in dieser Person zu sehen aus der Einstellung heraus, dass wir alle Leid nur aus Unwissenheit verursachen, für uns selbst und für andere,
  • schließlich richtet man das Gefühl liebevollen Wohlwollens mit dem Satz „Mögest du inneren Frieden finden“ auf schwierige, unerwünschte, schmerzende oder „kranke“ Seiten der eigenen Person, auf wunde Punkte also, die man auf diese Weise in ein Gefühl von Akzeptanz und Wärme „einhüllt“,
  • dann richtet man das Gefühl von liebevollen Wohlwollens auf alle fühlenden Wesen und auf die gesamte Existenz, wiederum mit dem Satz „Möget ihr inneren Frieden finden“ (oder alternativ einen der oben angeführten Sätze).

Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, könnten Sie das Buch „Metta-Meditation“ von Sharon Salzberg lesen.

Werner Eberwein