Was ist der Unterschied zwischen Einzeltherapie und Gruppentherapie?

Psychotherapie im Einzelsetting unterscheidet sich auf vielerlei Weise von Psychotherapie in der Gruppe.

In einer Einzel-Psychotherapie

  • hat der Patient die Aufmerksamkeit des Therapeuten die ganze Zeit über für sich allein,
  • die Themen und der Prozess des Patienten können über längere Zeit hinweg in der Therapie verfolgt werden,
  • lernt der Therapeut den Patienten im Laufe der Zeit im Vergleich zur Gruppentherapie besser individuell kennen,
  • bleibt der Patient immer in der Patientenrolle dem Therapeuten gegenüber, d.h. er erlebt sich vorwiegend in den Aspekten seines Lebens, die er nicht bewältigen kann,
  • wird die Therapie häufiger als bei Gruppenarbeit von den Krankenkassen bezahlt,
  • ist der Ablauf formal und inhaltlich meistens im Vergleich zur Gruppentherapie weniger vorstrukturiert, d.h. es wird mehr prozessorientiert (autodynamisch) gearbeitet.

In einer Gruppen-Psychotherapie

  • erlebt der Teilnehmer mit, wie andere Menschen an ähnlichen oder anderen Problemen arbeiten wie er selbst,
  • kann der Teilnehmer sich selbst, die anderen Teilnehmer und die Beziehung zwischen ihnen unterhalb der Alltagsmasken erleben,
  • erlebt sich der Teilnehmer nicht nur als Hilfsbedürftiger, sondern auch in seiner Fähigkeit, den anderen Teilnehmern zu helfen (z.B. durch Präsenz, Durchblick, Feedback und praktische Unterstützung),
  • hat der Gruppenprozess Aspekte eines Modells einer guten Gesellschaft:
    – er ist ein geschützter, experimenteller Freiraum,
    – es wird der Tiefendialog über Gefühle und abgewehrte Anteile gefördert,
    – es werden innere und äußere Konflikte klar und direkt thematisiert, und die Teilnehmer erhalten Unterstützung dabei, sie konstruktiv zu lösen,
  • sind bestimmte Übungsstrukturen möglich, die in einer Einzel-Psychotherapie nicht möglich sind:
    – die anderen Teilnehmer können als Hilfs-Ichs fungieren,
    – es kann mit längeren Übungssequenzen gearbeitet werden,
    – es kann unmittelbar mit der Gruppendynamik gearbeitet werden,
    – der Teilnehmer kann verschiedene Anteile seiner selbst in seinen Beziehungen zu den einzelnen anderen Teilnehmern gespiegelt erleben,
  • muss die Therapie häufiger als in der Einzel-Psychotherapie selbst bezahlt werden,
  • ist der Ablauf des Prozesses im Vergleich zur Einzeltherapie meistens stärker inhaltlich und formal vorstrukturiert, d.h. es wird mit mehr vorgegebenen Übungen gearbeitet.

Für einen intensiven psychotherapeutischen Prozess, der in die Tiefe geht, hat sich eine angemessene Kombination zwischen Einzel-und Gruppen-Psychotherapie am besten bewährt.

Werner Eberwein