Wie kommen beim Menschen Entscheidungen zustande?

Menschen, die man als „verkopft“ bezeichnet, versuchen, Entscheidungen allein mit dem Verstand zu fällen, oder sie gehen davon aus, dass sie das fast immer täten. Sie glauben, auf einer rein rationalen Ebene durch Abwägung von Für und Wieder zu einer „vernünftigen“ Entscheidung kommen zu können.Rein rationales Entscheidung ist jedoch unmöglich. Computer beispielsweise können Entscheidungen nur auf Basis vorgegebener Entscheidungsroutinen fällen. Wie könnte ein Computer beispielsweise entscheiden, ob ihm ein Salat, ein Steak, ein Glas Wasser oder ein Stück Kuchen „lieber“ wäre? Das kann er nur, wenn ihm eine Bewertungsroutine einprogrammiert ist.

Ein Mensch fällt eine solche Entscheidung danach, worauf er „Appetit“ hat. Worauf er Appetit hat, sagt ihm sein Gefühl. Natürlich isst ein Mensch nicht immer ein Stück Kuchen, wenn er darauf Appetit hat. Zuvor denkt er beispielsweise darüber nach, ob eine Kalorienbombe im Moment angemessen ist oder nicht. Auf der Kopfebene spielen also Erwägungen eine Rolle. Das Für und Wieder einer Entscheidung wird anhand ihrer Folgen abgewogen und mit dem unmittelbaren Gefühl („Worauf habe ich gerade Lust?“) in Beziehung gesetzt. Die Handlung, die dann erfolgt, ist Produkt einer internen Verarbeitung zwischen kognitiven und emotionalen Prozessen, die sich beim Menschen an Werten orientiert.

Ein Mensch ist weder durch seine Triebnatur noch durch seine Lernerfahrungen (Konditionierungen) vollständig bestimmt. Er fällt willensfreie Entscheidungen und orientiert sich dabei an dem, was für ihn „Sinn“ macht, d.h. nach seiner internen Werte-Hierarchie. Es könnte beispielsweise sein, dass jemand ein Stück Kuchen, auf das er Appetit hat, trotzdem nicht isst, z.B. weil er um seine schlanke Linie besorgt ist, oder weil ein Blick auf die Uhr ihm sagt, dass die Zeit drängt, und er sich zu einem wichtigen Termin begeben muss. Ein Mensch orientiert sich in seinen Entscheidungen an dem, was ihm  zur Zeit am wichtigsten ist, d.h. an seinem in diesem Moment höchstrangigen Wert.

Ein Wert könnte beispielsweise sein:

  • sich an seinem jeweils aktuellen spontanen Impuls zu orientieren (Spontanität),
  • sich der um ihn herum herrschenden Meinung zu orientieren, um nicht aufzufallen (Anpassung),
  • dafür zu sorgen, dass die Menschen, die er liebt hat, zum Beispiel seine Familie, zufrieden sind (soziale Harmonie),
  • für Freiheit, Gleichheit, Demokratie oder Mitgefühl einzutreten (Menschenrechte).

Die Orientierung an persönlichen Werten ist es, was unserem Leben Sinn gibt.

Werner Eberwein